Seminar kognitive Modellierung:
Drift Diffusion Models
Jan Göttmann, M.Sc.


| Datum | Thema |
|---|---|
| 25.10.2023 | Organisation und Ablauf |
| 08.11.2023 | Einführung I + II : Grundlagen der Modellierung |
| 15.11.2023 | Parameterschätzung I: Diskrepanzfunktionen & Schätzalgorithmen |
| 22.11.2023 | Parameterschätzung II: Maximum Likelihood & Beyond |
| 29.11.2023 | Parameterschätzung III: Hands On in R Parameter Estimation |
| 06.12.2023 | Drift Diffusion Models (Theorie) |
| 13.12.2023 | Drift Diffusion Models (Anwendung) |
| 20.12.2023 | Advanced R (Asynchron) |
| 10.01.2024 | Multinomial Processing Tree Models (Theorie) |
| 17.01.2024 | Anwendung von MPT Modellen (R-Sitzung) |
| 24.01.2023 | Mixture Models (Theorie) |
| 31.01.2024 | Mixture Models (Anwendung) |
| 07.02.2024 | Puffersitzung |
Fahrplan
Einführung: Sequential
Sampling Models



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Erstmals 1978 publiziert (Ratcliff, 1978)
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Anwendung aber schwierig, da Modell immer selbst auf den jeweiligen Anwendungsfall programmiert werden musste.
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Ab 2007 / 2008 wurden verschiedene Tools veröffentlicht, die die Anwendungen stark vereinfachten:
- EZ-diffusion Model (Grasman, Wagenmakers & van der Maas, 2009)
- Diffusion Model Analysis Toolbox (DMAT; Vanderkerckhove & Tuerlinckx, 2007a, 2008)
- fast-dm (Voss & Voss, 2008)

Das DDM ist ein sehr populäres Modell das in vielen Bereichen der Psychologie eingesetzt wird
Anwendung in vielen Disziplinen der Psychologie
- Implizte Einstellungen / Stereotype (Implicit Association Task) (Klauer, Voss, Schmitz, & Teige Mocigemba, 2007)
- First-Person-Shooter Task (Correll et al., 2015, Pleskac et al., 2017, Frenken et al., 2022)
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Individual Differences in Intelligence
(Lerche et al., 2020, Schubert, Hagemann & Frischkorn,2017, 2016, van Ravenzwaaj, Brown & Wagenmakers, 2011)
Voss et al., 2013
Einführung: Sequential
Sampling Models

Einführung: Wiener Verteilung
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Positiver Bias
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Right-Skewed
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Modellierung durch Exponential-, Gamma-, Weibull, Lognormalverteilung oder Wiener Verteilung
Reaktionszeitverteilung
Wiener Verteilung (oder First Passage Time Distribution) als zu Grunde liegende Dichteverteilung des Diffusionsmodelles


Wiener Verteilung Basismodell

Parameter der Wiener Verteilung bestimmen die Form der Reaktionszeitverteilung !
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Modell zur Vorhersage von Reaktionszeitverteilungen und Entscheidungen in binären Entscheidungsaufgaben
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Zerlegt den Reaktionsprozess vier unterschiedliche psychologische Parameter, nicht entscheidungsrelevante Prozesse \(t_0\) (Motorreaktion, Enkodierung etc.) werden als Konstante behandelt.
Einführung: Wiener Verteilung

Grundannahmen DDM
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Informationen für Entscheidung A oder B werden kontinuierlich über die Zeit t akkumuliert - kontinuierlicher Prozess
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Die Veränderung der Informationsmenge für Entscheidung A oder B über die Zeit t wird als Diffusionsprozess bezeichnet
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Dieser Prozess verläuft zwischen zwei Schwellen - für Entscheidung A oder B. Ist genug Information für entweder Entscheidung A oder B gesammelt, also die Schwelle erreicht, wird die Entscheidung getroffen.

Einführung: Drift Diffusion Models


Parameter des DDM
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Drift Rate (v): The speed and direction of evidence accumulation.
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Boundary Separation (a): The threshold of evidence needed to make a decision.
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Starting Point (z): Initial bias in evidence at the start of the decision process.
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Non-decision Time (t0): Time consumed by non-decision processes, like stimulus encoding and response execution.
Einführung: Drift Diffusion Models


- Jeder Parameter beeinflusst die vorhergesagten Reaktionszeitverteilungen – die gleiche Verteilung, kann durch unterschiedliche Prozesse erklärt werden!
- Großer Vorteil bei der gezielten Manipulation von Prozessen im Experiment
Parameter des DDM
Beeinflusst die Verteilungen für korrekte und inkorrekte Antworten gleichermaßen!
Einführung: Drift Diffusion Models





Einführung: Drift Diffusion Models


Vorteile des DDM
- Das DDM kann die gleichen Reaktionszeit- und Fehlerverteilungen durch unterschiedliche Kombinationen von Parametern erklären – Trennbar durch DDM!
- Höhere statistische Power, da validere Maße für spezifische kognitive Prozesse (z.B. nicht-sign. Effekte auf Reaktionszeiten / Accuracies, aber auf die Driftrate ! )
- Trennung sich überlagernder Prozesse – auffinden von Effekten die sonst nicht sichtbar sind: z.B. höhere Driftrate (v), aber motorisch langsamer(t0) und vorsichtiger (a)
Nachteile des DDM
- Nur Anwendung für binäre Entscheidungsaufgaben (es existieren aber ähnliche Modelle für n-AFC Tasks)
- Relativ hohe Anzahl von Trials notwendig für valide Schätzung
- Parameterschätzung anfällig für „fast outliers“
- Nur für schnelle Reaktionszeiten konzipiert ~ 1000 ms (neuere Studien belegen aber Validität auch für langsamere Reaktionszeiten)
Vorteile des DDM
Einführung: Drift Diffusion Models

DDM: Anwendung
- Evidenz für Zusammenhang zwischen allgemeiner Intelligenz und Driftrate; kein konsistenter Zusammenhang mit anderen DM-Parametern (z.B., McKoon & Ratcliff, 2012; Ratcliff, Thapar, & McKoon, 2011; Schmiedek, Oberauer, Wilhelm, Süß, & Wittmann, 2007)
-
Latente Korrelationen zwischen Drift-Rate-Faktor und allgemeiner Intelligenz r = .45, bei langsamen Aufgaben
r =.68 (Lerche et al.,2020) - Auch Zusammenhänge von Domänenspezifische Driftfaktoren, die mit jeweiliger Intelligenztestskala zusammenhängen r = .50 – r = .90 (Lerche et al.,2020)
Intelligenz


Typischer Befund: Ältere Teilnehmer haben längere Reaktionszeiten, kein Unterschied in Fehlerraten
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Klares Ergebnismuster:
- Schwellenabstand: höher bei Älteren (z.B. Ratcliff, Thapar, & McKoon, 2001; Schuch, 2016)
- Non-decision time: höher bei Älteren (z.B. Ratcliff, Thapar,& McKoon, 2001; Ratcliff, Thapar, & McKoon, 2004)
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Driftrate
- Gedächtnisaufgaben und perzeptuelle Aufgaben: Jüngere sind Älteren überlegen
- Lexikalische Aufgaben: Ältere sind Jüngeren überlegen
- Perzeptuelle und lexikalische Aufgaben: Ältere profitieren von erhöhter Aufgabenschwierigkeit (Theisen, Lerche, v. Krause, & Voss, 2020)
Altern
ADHS-Patienten vs. gesunder Kontrollgruppe: Vergleich der DM-Parameter
- konsistent: kein Effekt im Schwellenabstand
- konsistent: Driftrate geringer als bei KG (Karalunas & Huang-Pollock, 2013; Metin, Roeyers, Wiersema, van der Meere, Thompson, & Sonuga- Barke, 2013; Weigard & Huang-Pollock, 2014).
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Häufig geringere non-decision time als Kontrollgruppe (aber Karalunas, Huang-Pollock, & Nigg, 2012).
Klinische Psychologie
DDM: Anwendung

Shooter Bias (Payne, 2001; Unkelbach et al., 2008)
- Typische Befunde: Schnellere Reaktionszeiten bei Stereotype-Consistent Stimuli & geringere Fehlerraten
- Aber welche Prozesse sind beteiligt ? Lösung DDM Modellierung !
- Stereotype (z.B. Bedrohlichkeit) können erlernt werden und zeigen sich als verschobener Bias im DDM (Startpunkt)
- Replikation bisheriger Befunde: Schnellere Reaktionszeiten in Stererotyp-Cosistent Trials (z.B. Schwarz + Waffe schneller als Schwarz + Werkzeug)
- Aber: Schneller Reaktionszeiten werden durch unterschiede in der non-decision time vermittelt, nicht durch die Driftrate oder einen a priori bias !
Frenken et al., 2022

DDM: Anwendung

Shooter Bias (Payne, 2001; Unkelbach et al., 2008)
- Typische Befunde: Schnellere Reaktionszeiten bei Stereotype-Consistent Stimuli & geringere Fehlerraten
- Aber welche Prozesse sind beteiligt ? Lösung DDM Modellierung !
- Stereotype (z.B. Bedrohlichkeit) können erlernt werden und zeigen sich als verschobener Bias im DDM (Startpunkt)
- Replikation bisheriger Befunde: Schnellere Reaktionszeiten in Stererotyp-Cosistent Trials (z.B. Schwarz + Waffe schneller als Schwarz + Werkzeug)
- Aber: Schneller Reaktionszeiten werden durch unterschiede in der non-decision time vermittelt, nicht durch die Driftrate oder einen a priori bias !
Frenken et al., 2022

Frenken et al., 2022
DDM: Anwendung

Schätzprogramme
- fast-dm30.2 (Voss & Voss, 2003)
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Schätzung mit verschiedenen Diskrepanzfunktionen
- Maximum Likelihood
- Kolmogorov-Smirnoff
- Chi-Square
- Schätzunge von erweiterten Modellen möglich (variabilität von Parametern)
- Sehr flexibel und anpassbar auf experimentelle Bedingungen.
Pro
Contra
- Bediehnung für Laien schwierig
- nur command line Interface
- Keine systematischen Recovery Studien

DDM: Anwendung

Schätzprogramme
2. EZDiffusion Model (Wagenmakers, van Der Maas, Grasman,2007)
- Vereinfachun des Diffusionsmodelles, Parameter sind "berechenbar" durch drei einfache Gleichungen
- Sehr wenig Daten notwendig
- Einfach Anwendung in R ohne zusätzliche Software
Pro
Contra
- Nur Approximierung der Parameter
- Keine Schätzung von erweiterten DDMs möglich (Parametervariabilität)
- Keine systematischen Recovery Studien

Wagenmakers et al.,2007)
DDM: Anwendung
Thank you for Your Attention!



github.com/jgman86

jan.goettmann@uni-mainz.de
Lecture 8: Drift Diffusion Models
By Jan Göttmann
Lecture 8: Drift Diffusion Models
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