In die Tiefe gehen:
Lektüre und Nutzung
digitaler Repräsentationen historischer Textzeugen.
Christian Thomas (HU & BBAW)
"Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU, IdL, 29./30.9.17
Gliederung
Teil I:
Thesen zur Lektüre (von (digitalen) Editionen)
im Zeitalter digitaler Medien;
Folgen für Produktion und Rezeption
Teil II:
Illustration der Thesen anhand konkreter Nutzungsbeispiele einer digitalen Edition
"Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU, IdL, 29./30.9.17
Literaturempfehlungen (Auswahl):
John Unsworth: "Scholarly Primitives: what methods do humanities researchers have in common, and how might our tools reflect this?", 2000 cf. http://www.people.virginia.edu/~jmu2m/Kings.5-00/primitives.html.
Patrick Sahle: Digitale Editionsformen. Zum Umgang mit der Überlieferung unter den Bedingungen des Medienwandels, 3 Bände, Norderstedt: Books on Demand 2013.
Ted Underwood: "It looks like you’re writing an argument against data in literary study …" In: The Stone and the Shell, 21. Sept. 2017.
Ders.: A Genealogy of Distant Reading. In: DHq, 11, 2 (2017).
"Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU, IdL, 29./30.9.17
Literaturempfehlungen (Auswahl):
John Unsworth: "Scholarly Primitives [...]":
-
Discovering
-
Annotating
-
Comparing
-
Referring
-
Sampling
-
Illustrating
-
Representing
"Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU, IdL, 29./30.9.17
Thesen zur 'Lektüre' digitaler Editionen:
- Eine Edition stellt 1, 2, 3, ... von n Lektürevorschlägen dar.
- Die Exploration der Grunddaten eröffnet weitere, eigene Lektüren (alternativ, konkurrierend, kontextualisierend z. Edition).
"Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU, IdL, 29./30.9.17
Thesen zur 'Lektüre' digitaler Editionen:
-
Eine Edition stellt 1, 2, 3, ... von n Lektürevorschlägen dar.
- Edition = Auswahl, Interpretation, i.d.R. Vereinfachung.
- Die Edition wird über ein Interface – (e-)Buch, Website, HTML-/PDF-/etc.-Ausgabe – zugänglich gemacht und die Präsentation der Grunddaten wird für dieses Interface optimiert ==> weitere Auswahl, Interpretation, i.d.R. Vereinfachung.
- Beides sollte ausführlich dokumentiert werden, denn:
- Beide Prozesse sollten bei der Lektüre berücksichtigt werden!
"Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU, IdL, 29./30.9.17
Thesen zur 'Lektüre' digitaler Editionen:
-
Eine Edition stellt 1, 2, 3, ... von n Lektürevorschlägen dar.
- Das Interface stellt den edierten Text dar, dabei je nach Medium mehr oder weniger tief strukturiert/annotiert.
- Die zugrunde liegenden Daten (und Metadaten) sind i.d.R. reichhaltiger als im Interface darstellbar; sie enthalten mehr Informationen als dort recherchierbar. (Bsp. Hybrid-Ed. MoE)
- > zur Lektüre: Menschen und Maschinen sollten diese Daten lesen können (und lesen dürfen)! (Negativ-Bsp. Asiatische Banise, s. Rez. AR)
Inspiriert vom Symposium DSEs as Interfaces (Graz 16), #DH2017, esp. @eerstewart1, @GretaFranzini #1, @GretaFranzini#2 u.v.a.
"Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU, IdL, 29./30.9.17
Thesen zur 'Lektüre' digitaler Editionen:
-
Eine Edition stellt 1, 2, 3, ... von n Lektürevorschlägen dar.
- Das Interface ((e-)Buch, Website, HTML-/PDF-/etc.-Ausgabe) zeigt 1, 2, 3, ... von n Lektürewegen, kuratiert durch EditorIn.
- Die zugrunde liegenden Daten (und Metadaten) sind i.d.R. reichhaltiger als im Interface darstellbar; d.h. sie enthalten mehr Informationen als dort recherchierbar. (Bsp. Hybrid-Ed. MoE)
- > zur Lektüre: Menschen und Maschinen sollten diese Daten lesen können (und lesen dürfen)! (Negativ-Bsp. Asiatische Banise, s. Rez. AR)
Inspiriert vom Symposium DSEs as Interfaces (Graz 16), #DH2017, esp. @eerstewart1, @GretaFranzini #1, @GretaFranzini#2 u.v.a.
NB zum erwähnten u. vielen anderen Negativbeispielen:
Der fehlende Zugang zu den Grunddaten bzw. deren ständiger Verlust hat keine technischen Ursachen.
Es handelt sich v.a. um ein sozialisatorisches
(und auch förderpolitisches) Problem.
"Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU, IdL, 29./30.9.17
Thesen zur 'Lektüre' digitaler Editionen:
- Eine Edition stellt 1, 2, 3, ... von n Lektürevorschlägen dar.
- Die Exploration der Grunddaten eröffnet weitere, eigene Lektüren (alternativ, konkurrierend, kontextualisierend z. Edition).
==> Diese können u. sollten durch die LeserInnen/NutzerInnen der Edition erschlossen werden ==> Lektüre im Digitalen.
"Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU, IdL, 29./30.9.17
Thesen zur 'Lektüre' digitaler Editionen:
- Eine Edition stellt 1, 2, 3, ... von n Lektürevorschlägen dar.
-
Exploration der Grunddaten durch NutzerInnen = n Lektüren; Voraussetzungen dafür sind unter anderem:
- Gute Dokumentation (inhaltlich, editorisch und technisch)
- Zugang zu den Grunddaten & 'Data Literacy'
- Zugang zu geeigneten Tools¹ & 'Tool Literacy' (¹ z.B. für TEI-XML)
- i.d.R. erforderlich: Datenvor- & aufbereitung; -visualisierung
- Dokumentation der eigenen Lektüre (inhaltlich, (editorisch,) technisch); ggf. Bereitstellung der erzeugten Daten (z.B. edissPlus)
"Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU, IdL, 29./30.9.17
Einige Folgerungen für Produktion und Rezeption:
- Eine Edition stellt 1, 2, 3, ... von n Lektürevorschlägen dar.
-
Exploration der Grunddaten durch NutzerInnen = n Lektüren; daher umso wichtiger:
- Lektürewege als vom Editor/in ausgewählt kennzeichnen.
- Nicht (nur) das Interface wichtig, sondern Reichhaltigkeit u. flexible Nutzbarkeit der Daten (für Menschen u. Maschinen).
- Traditionell: Lektüre auf autorisierten Pfaden (via Interface)
- +Digital: Exploration der Daten (via Download/API/...)
= Lektüre auf eigenen Pfaden, lesend und mit Tools.
II: Illustration der Thesen
Hintergrund:
Projekt "Hidden Kosmos":
Edition/Textkorpus
Nachschriften der 'Kosmos-Vorträge' A. v. Humboldts
Humboldts 'Kosmos-Vorträge'
- Berlin, 1827/28; ! ≠ Kosmos, 1845–62
- keine autorisierte Publikation der Vorträge durch Humboldt
- Humboldt verbat sich Druck von Nachschriften, "Eingriff in mein Eigenthum" (Spenersche Zeitung, 12.12.1827)
nichts […] widerwärtiger, als publicirt
zu sehen, was ein Gemisch von Gehörtem
und Selbstzugesetztem ist.“
(A.v.H an R. Zeune, Berlin, 16.2.1857)
Anonym (Hrsg.) 1934
Hamel/Tiemann (Hrsg.) 1993 [2. A. 2004]
Humboldts 'Kosmos-Vorträge'
- Berlin, 1827/28, zwei Kurse:
- 62 Stunden Berliner Universität, 3.11.1827–26.04.1828,
ca. 400 Studis, Staff, Gasthörer - 16 Stunden Sing-Akademie,
6.12.1827–27.03.1828,
ca. 1000 Pers., 'gemischtes' Publikum
- 62 Stunden Berliner Universität, 3.11.1827–26.04.1828,
... ein Meilenstein der
Wissenschaftspopularisierung
(Hamel/Tiemann 1993)
(c) Schiller-Nationalmuseum, Marbach
Humboldts 'Kosmos-Vorträge'
- Berlin, 1827/28; ! ≠ Kosmos, 1845–62
- keine autorisierte Publikation der Vorträge durch Humboldt
- A.v.H.s ursprüngliche Manuskripte
im Nachl. verstreut, aber (z.T.) erhalten
– entgegen Humboldts Angaben:
Bei freier Rede habe ich [...]
nichts über meine Vorträge schriftlich aufgezeichnet
(A.v.H in der 'Vorrede' zum Kosmos, Bd. 1, S. X.)
Nachl. A.v.H., Gr. K. 8, Nr. 15, Bl. 33
Humboldts 'Kosmos-Vorträge'
Projekt "Hidden Kosmos"
≈ 3600 Seiten,
≈ 4,5M Zeichen,
≈ 660K Tokens,
≈ 103K Types.
Projekt "Hidden Kosmos"
≈ 3600 Seiten,
≈ 4,5M Zeichen,
≈ 660K Tokens,
≈ 103K Types.
Nachschriften der 'Kosmos-Vorträge' A. v. Humboldts
Projekt- Förderung |
Texterfassung und -anntoation | Publikation und ling. Erschließg. | Nachhaltigkeit & Dissemination |
---|
Nachschriften der 'Kosmos-Vorträge' A. v. Humboldts
Texterfassung und -anntoation | Publikation und ling. Erschließg. |
---|
Texterfassung und -Annotation gemäß P5 Text Enoding Initiative
“The TEI-C is… a consortium which collectively develops and maintains
a standard for the representation of texts in digital form.” (http://www.tei-c.org/)
TEI-C = Herausgeber der TEI Guidelines:
- XML-basierter, freier, internationaler (de facto-) Standard
- umfassend dokumentiert
- plattformunabhängig, flexibel nutzbar
- menschen- & maschinenlesbar
- generische und TEI-spezifische Tools
- (prinzipiell) interoperabel
Texterfassung und -Annotation
- erweitertes DTA-Basisformat (DTABf):
DTABf für Manuskripte (DTABf-M) (jTEI-Artikel im Ersch.) - Metadaten, Dokument-Struktur, 'Typographie'
Texterfassung und -Annotation
- DTABf für Manuskripte (DTABf-M) (jTEI-Artikel im Ersch.)
- Manuskript-typische Textmerkmale wie Überschreibungen, @hand-Wechsel, <metamark>s u.a.
Texterfassung und -Annotation
- Manuskript-typische Textmerkmale wie Überschreibungen, @hand-Wechsel, <metamark>s u.a.
-
= wichtig (nicht nur)
für Nachschriften: Eingriffe Dritter, Unsicherheiten und Fehler(!) der Schreiber usw.
Texterfassung und -Annotation:
Nutzungsmöglichkeiten
Beispiel: Bleistift-Gebrauch in parthey_msgermqu1711_1828 (XML)
Texterfassung und -Annotation:
Nutzungsmöglichkeiten
Beispiel: Bleistift-Gebrauch in parthey_msgermqu1711_1828 (XML)
Texterfassung und -Annotation:
Nutzungsmöglichkeiten
Beispiel: Bleistift-Gebrauch in parthey_msgermqu1711_1828 (XML)
> Mehrzahl im Abschnitt Geographie des Organischen
- 54. St.: Kennzeichen des Organischen
- 55.–57. St.: Geographie der Pflanzen
- 58. St.: Geographie der Thiere
Texterfassung und -Annotation
- Auszeichnung von <persName> mit @ref GND/VIAF/Wikidata/...
<item>3, die <hi rendition="#u">englischen</hi> Messungen unter dem
General <persName resp="#CT" ref="http://d-nb.info/gnd/130800600">
R.<metamark><space dim="horizontal"/></metamark></persName>
<metamark>(?)</metamark> und
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<!-- [...] --> <item>4, Drei grosse Messungen in <hi rendition="#u">Ostindien</hi> von dem
General <persName resp="#CT" ref="http://d-nb.info/gnd/117574406">
L<metamark><space dim="horizontal"/></metamark></persName>
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und <persName>T<metamark><space dim="horizontal"/></metamark></persName> <metamark>?</metamark></item><lb/>
Texterfassung und -Annotation
- Auszeichnung von <persName> mit @ref GND/VIAF/Wikidata/...
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<hi rendition="#aq">
<persName resp="#SB" ref="http://d-nb.info/gnd/100648282">
Kuki</persName></hi><lb/>
Texterfassung und -Annotation
Texterfassung und -Annotation
- Ansetzung vs. Vorlage:
- Welche Namen waren dem Publikum bekannt, welche nicht?
- Anzahl der Vorkommen pro Nachschrift und insgesamt:
- z.B. Uni vs. Sing-Akad.: Welches Personal für welchen Kurs?
- Ältere vs. aktuelle Forschung: Nachwuchsförderer A.v.H?
- Kosmos-Vorträge auf der Höhe der wiss. Forschung der Zeit?
- Welcher Nachschreiber 'überhört' welche Personen?
- Vernetzung: API/BEACON:
- z.B. Porträtindex/Wikimedia Comm.s, edition-humboldt.de ...
Personenregister: Nutzungsmöglichkeiten und Anschlussfragen
Siehe auch: Instrumente
Siehe auch: Bibliographie
Zugriff auf die Texte via DTA
Text-Bild-Ansicht:
- Text-Darstellung via XSLT-Transformation aus DTABf-M (=XML)
- z.B. HTML: inkl. graphischer Umsetzung einiger Elemente der Annotation
dies fand
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<del rendition="#s" hand="#pencil">
<subst>
<del rendition="#ow">
<supplied reason="covered" cert="high" resp="#CT">ich</supplied>
</del>
<add place="across" hand="#ink2">
<persName ref="http://d-nb.info/gnd/118554700">Humbold</persName></hi>
</add>
</subst>
</del>
<add place="superlinear" hand="#pencil">ich</add>
</subst> auf dem Chimboraßo,
<!-- Beispiel vereinfacht: <hi> entfernt, cf. http://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/17 -->
Zugriff auf die Texte via DTA/DDC
DTA-Analysen, z.B. SemCloud
DTA-Analysen, z.B. DiaCollo
DDC-Suche mit GermaNet
DDC-Suche mit GermaNet-Erweiterung, Synset "Grundstoff; Urstoff"
Externe Tools: Voyant
Externe Tools: WCopyfind
Externe Tools: WCopyfind
"Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU, IdL, 29./20.9.17
Thesen zur 'Lektüre' digitaler Editionen:
- Eine Edition stellt 1, 2, 3, ... von n Lektürevorschlägen dar.
-
Exploration der Grunddaten durch NutzerInnen = n Lektüren; Voraussetzungen dafür sind unter anderem:
- Gute Dokumentation (inhaltlich, editorisch und technisch)
- Zugang zu den Grunddaten & 'Data Literacy'
- Zugang zu geeigneten Tools¹ & 'Tool Literacy' (¹ z.B. für TEI-XML)
- i.d.R. erforderlich: Datenvor- & aufbereitung; -visualisierung
- Dokumentation der eigenen Lektüre (inhaltlich, (editorisch,) technisch); ggf. Bereitstellung der erzeugten Daten (z.B. edissPlus)
Copy of Folien zum Symposium "Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU Berlin, IdL, 29.–30. September 2017
By Christian Thomas
Copy of Folien zum Symposium "Lektüre im Zeitalter digitaler Medien", HU Berlin, IdL, 29.–30. September 2017
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